Wenn Helfer Hilfe brauchen - Erkennen und Bewältigen von akuten Belastungsreaktionen bei Einsatzkräften.

Einsatzkräfte leisten täglich hervorragende Arbeit, um Menschen in Not zu helfen. Sie setzen sich dabei oft unvorhergesehenen Situationen aus, die eine psychische Belastung darstellen können. Oft wird dieses Thema tabuisiert, doch akute Belastungsreaktionen (ABR) kommen bei Einsatzkräften häufig vor. In diesem Blog Post möchte ich aufklären und sensibilisieren, um einen besseren Umgang mit Belastungsreaktionen zu ermöglichen.



Was passiert

Die Merkmale einer akuten Belastungsreaktion sind oft vielseitig und können körperlicher und seelischer Natur sein. Zu den körperlichen Anzeichen gehören unter anderem Schweißausbrüche, Zittern oder Schlaflosigkeit. Seelisch können Betroffene unter anderem Gefühle von Trauer, Schuld oder auch eine emotionale Betäubung (Numbing) wahrnehmen. Es handelt sich hierbei nicht um eine psychische Erkrankung, sondern um vorübergehende, normale Reaktionen eines gesunden Menschen auf extreme Situationen. Sie zeigen, dass das Bewusstsein noch nicht in der Lage ist, die extremen Eindrücke zu verarbeiten, und dass die Betroffenen Schutz, Ruhe, Entlastung und Mitgefühl benötigen, um diese Erfahrungen zu bewältigen. Bleiben diese Reaktionen jedoch unbeachtet, kann es in weiterer Folge zu Erinnerungsattacken (z.B. sich aufdrängende Sinneseindrücke), Vermeidungsverhalten und Rückzugssymptomen kommen. In diesem Fall spricht man bereits von einer akuten Belastungsstörung (ABS). Es ist wichtig, Belastungsreaktionen möglichst früh an sich selbst als auch bei Kolleg*innen zu erkennen, um schnelle Hilfestellung bieten zu können. Hierbei können auch psychologisch speziell geschulte Kolleg*innen, sogenannte Peers, die Betroffenen unterstützen und beraten.

Wie kann ich vorbeugen

Ein wichtiger Punkt im Umgang mit akuten Belastungsreaktionen ist die Prävention. Hier spielen eine gute Ausbildung (Psychoedukation), regelmäßige Fortbildungen und Erfahrungsaustausch sowie ein gutes Betriebsklima eine zentrale Rolle. Primäre Präventionsmaßnahmen sollten darauf abzielen, eine umfassende Aufklärung über zukünftig mögliche psychische Belastungen der Berufsgruppe zu geben, brisante Situationskontexte für sich und andere zu erkennen (Entwicklung eines Sensoriums), ressourcen- und lösungsorientiertes Denken zu fördern (passende Coping-Strategien finden) und eine offene, prosoziale Haltung in der gesamten Organisation (Awareness) zu fördern. Auch die Möglichkeit zu kollegialen Gesprächen sowie Unterstützung durch psychologische Fachkräfte können dazu beitragen, die möglichen psychischen Belastungen zu mindern. Selbstfürsorge ist ebenfalls enorm wichtig: Kolleg*innen, die auf sich selbst achten, können auch andere besser unterstützen.

Was kann ich tun, wenn Belastungsreaktionen auftreten

Gerade Menschen in helfenden Berufen erscheint es häufig so, dass der Wunsch und die Aufgabe, anderen zu helfen und gleichzeitig selbst plötzlich professionelle Hilfe zu benötigen, sich auszuschließen scheinen. (Morgan, 2007)

Ein wichtiger Aspekt ist die Offenheit im Umgang mit solchen Themen innerhalb der Organisation. Der mit dem Beruf ‚Retter*in‘ oft verbundene Stolz und große Unabhängigkeitsdrang, führen oft zu einem überzogenen Anspruch der Unverwundbarkeit. Es sollte ein Klima etabliert sein, in dem es möglich ist, offen über eigene Belastungen zu sprechen, ohne stigmatisiert zu werden. Kolleg*innen sollte Mut gemacht werden, auf andere zuzugehen und sich Hilfe zu holen. Egal ob aus den eigenen Reihen (Peer) als auch von externen psychologischen Fachkräften.

Fazit

Im Fokus dieses Artikels stand das Thema akute Belastungsreaktionen bei Einsatzkräften. Wichtig ist, dass das Thema im Allgemeinen nicht mehr tabuisiert, sondern offen angesprochen wird. Eine gute Ausbildung und ein gutes Betriebsklima sowie die Möglichkeit Gespräche mit Peers oder Fachkräften zu führen, können entscheidend dazu beitragen, dass akute Belastungsreaktionen zeitnah wieder abklingen. Falls Sie an einer akute Belastungsreaktion (oder schwerwiegenderer Trauma-Folgen) leiden, kontaktieren Sie mich für ein kostenloses Erstgespräch.


LITERATURQUELLEN:

  • Gysi, J. (2022). Diagnostik von Traumafolgestörungen: Multiaxiales Trauma-Dissoziations-Modell nach ICD-11. Hogrefe AG.
  • Holacky, P. (2023). Für den Notfall gerüstet! Primäre Prävention bei der Berufsfeuerwehr Wien.
  • Morgan, S. (2007). Wenn das Unfassbare geschieht: vom Umgang mit seelischen Traumatisierungen; ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige und ihr soziales Umfeld (Vol. 1). W. Kohlhammer Verlag.
  • Schönherr, C., Juen, B., Brauchle, G., Beck, T. & Kratzer, D. (Hrsg). (2005). Belastungen und Stressverarbeitung bei Einsatzkräften 1. Aufl. Studia Universitätsverlag Innsbruck.

 

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